Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I

Eckhart Arnold

1 Vorwort
2 Techniken des Entscheidens
    2.1 Entscheidungstabellen und -bäume
    2.2 Entscheidungen unter Unwissenheit I
    2.3 Entscheidungen unter Unwissenheit II
    2.4 Entscheidungen unter Risiko
        2.4.1 Die Berechnung des Erwartungsnutzens
        2.4.2 Die Rechtfertigung des Erwartungsnutzens
        2.4.3 Kausale Entscheidungstheorie
        2.4.4 Entscheidungsregeln in der Philosophie: Die Debatte zwischen John Rawls und John C. Harsanyi
        2.4.5 Aufgaben
3 Zur Theorie der Kollektiven Entscheidungen
4 Wahrscheinlichkeitsrechnung
5 Neumann-Morgensternsche Nutzentheorie
6 Spieltheorie
7 Kritische Reflexion
8 Beispielklausur
Literaturverzeichnis

2.4.3 Kausale Entscheidungstheorie

Bei einem der eben besprochenen Beispiele (Seite 2.4.1.1) hingen die Wahrscheinlichkeiten, mit denen Ereignisse eintreten, von den gewählten Handlungen ab.[21] Grundsätzlich werden solche Entscheidungsprobleme so gelöst, dass wir die (handlungsabhängige) Wahrscheinlichkeit jedes möglichen Ergebnisses in der entsprechenden Tabellenzelle vermerken und beim Ausrechnen des Erwartungsnutzens für jede Handlung die in der entsprechenden Zeile vermerkten Wahrscheinlichkeiten berücksichtigen.

Wir können nun noch einen Schritt weitergehen und uns fragen, wie vorzugehen ist, wenn die Wahrscheinlichkeiten des Eintretens von Ereignissen nicht nur von den Handlungen sondern wiederum von anderen Ereignissen und Zuständen abhängig sind. Dazu ein Beispiel (frei nach Resnik (Resnik 1987, S. 114)): Eine Ärztin steht vor der Frage, ob sie die Infektion eines Patienten mit einem Desinfektionsmittel oder mit einem Antibiotikum behandeln soll. Das Antibiotikum schlägt bei 80% der Patienten gut an, in welchem Fall die Heilungschance bei 70% liegt. Bei den restlichen Patienten liegt die Heilungschance mit demselben Mittel jedoch nur bei 40%. Das Desinfektionsmittel hat dagegen bei allen Patienten eine Heilungschance von 50% Da beide Mittel, wie wir einmal annehmen wollen miteinander unverträglich sind, besteht nur die Wahl entweder das Antibiotikum zu versuchen oder das Desinfektionsmittel.

Um das Problem in einer Entscheidungstabelle darzustellen, kann man die Ereignisse in zwei Gruppen unterteilen: Unabhängige und Abhängige Ereignisse. In diesem Fall ist das unabhängige Ereignis, dasjenige, ob das Antibiotikum bei dem Patienten anschlägt oder nicht. Das kausal davon abhängige Ereignis ist die Heilung (oder Nicht-Heilung) des Patienten. Dabei müssen für jedes unabhängige Ereignis alle abhängigen Ereignisse gesondert eingetragen werden. Wichtig ist, dass man innerhalb der Tabelle die entsprechenden bedingten Wahrscheinlichkeiten einträgt. Daraus ergibt sich folgende Entscheidungstabelle:

A. schlägt an (80%)schlägt nicht an (20%)
Heilung (70%)Heilung (30%)Heilung (40%)Heilung (60%)
Antibiotikum gesund (56%) krank (24%) gesund (8%) krank (12%)
Des.-Mittel gesund (40%) krank (40%) gesund (10%) krank (10%)

Wie man sieht, wäre bei diesem Beispiel die Heilungschance mit dem Antibiotikum (56% + 8% = 64%) größer als mit dem Desinfektionsmittel (40% + 10% = 50%). Sind bei einem Entscheidungsproblem wie diesem die Kausalzusammenhänge zwischen Ereignissen und Handlungen zu berücksichtigen, bietet sich oft die anschaulichere Baumdarstellung an.

[21] Das Hellseherparadox (Kapitel 5.2.2.4) liefert ein weiteres, wenn auch, da es echte hellseherische Fähigkeiten voraussetzt, sehr konstruiertes Beispiel dafür.

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