Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I

Eckhart Arnold

1 Vorwort
2 Techniken des Entscheidens
3 Zur Theorie der Kollektiven Entscheidungen
4 Wahrscheinlichkeitsrechnung
5 Neumann-Morgensternsche Nutzentheorie
6 Spieltheorie
    6.1 Spieltheorie I: Einführung
        6.1.1 Was „Spiele“ im Sinne der Spieltheorie sind
            6.1.1.1 Beispiele
                Beispiel 1: Das Knobelspiel
                Beispiel 2: Vertrauensspiel
                Beispiel 3: Das Hirschjagd-Spiel
                Beispiel 4: Gefangenendilemma
        6.1.2 Nullsummenspiele
        6.1.3 Aufgaben
    6.2 Spieltheorie II: Vertiefung und Anwendung
7 Kritische Reflexion
8 Beispielklausur
Literaturverzeichnis

Beispiel 4: Gefangenendilemma

Es musste ja kommen: Das Gefangenendilemma. Zum Gefangenendilemma gibt es folgende Geschichte: Zwei Bankräuber werden von der Polizei aufgegriffen. Die Polizei kann ihnen jedoch nichts nachweisen. Daher stellt sie jeden der Bankräuber vor folgende Wahl: Entweder Du verrätst Deinen Komplizen, oder wir sperren Dich für vier Wochen wegen Landstreicherei ein. Wenn Du Deinen Komplizen verrätst und er Dich nicht verrät, dann kommst Du sofort frei und Dein Komplize bekommt 10 Jahre aufgebrummt. Verrät Dich Dein Komplize ebenfalls, dann kommst Du immerhin mit 5 Jahren davon, weil Du ausgesagt hast.

Gefangener 2
SchweigenAussagen
Schweigen 4 Wochen, 4 Wochen 10 Jahre, frei
Gefangener 1Aussagen frei, 10 Jahre 5 Jahre, 5 Jahre

Wenn man solche Faktoren wir die Ganovenehre außer Acht lässt, dann werden beide Gefangenen aussagen, weil diese Strategie ihnen das relativ bessere Ergebnis liefert sowohl, wenn der andere aussagt, als auch, wenn er schweigt. Die Strategie “Schweigen“ wird von der Strategie „Aussagen“ strikt dominiert.

Das Beispiel des Gefangenendilemmas führt zugleich eine erste offensichtliche Lösungsstrategie für Spiele vor Augen, nämlich die Lösung durch Dominanz. Wenn man annimmt, dass die Spieler ihren Nutzen maximieren wollen, dann sollten sie auf keinen Fall eine Strategie wählen, die dominiert wird. Dominiert wird eine Strategie dann, wenn es eine Alternativ-Strategie gibt, die in mindestens einem Fall ein besseres Ergebnis liefert und in allen anderen Fällen wenigstens ein genauso gutes. Wie schon bei der Entscheidungstheorie kann man von der eben beschriebenen schwachen Dominanz noch die starke bzw. strikte Dominanz unterscheiden. Eine Strategie wird durch eine andere stark dominiert, wenn die andere Stratwegie in jedem Fall ein besseres Ergebnis liefert.

Außer davon, dass eine Strategie dominiert wird (wenn es eine eindeutig bessere gibt), kann man auch davon sprechen, dass eine Strategie dominant ist, nämlich dann, wenn sie eindeutig besser ist als aller anderen Strategien. Bei schwacher Dominanz bedeutet „eindeutig besser“ sein, dass sie im paarweisen Vergleich mit jeder anderen Strategie wenigstens in einem Fall ein besseres Ergebnis liefert als die anderen Strategien und in allen anderen Fällen ein mindestens gleich Gutes. Bei starker Dominanz ist „eindeutig besser“ so zu interpretieren, dass sie in allen Fällen besser sein muss als alle anderen Strategien.

Dabei ist zu beachten: Wenn eine Strategie durch eine andere dominiert wird, so bedeutet dies noch längst nicht, dass die andere Strategie eine dominante Strategie ist. Denn dazu müsste sie auch alle übrigen Strategien dominieren. Dazu ein Beispiel:

4 4 2 6
2 4 0 5
3 2 1 2
0 2 1 2

Bei diesem Spiel wird die Strategie durch die Strategie schwach dominiert. Trotzdem ist die Strategie keine dominante Strategie, da sie die Strategie nicht dominiert, und zudem ihrerseits durch die Strategie stark dominiert wird. Die Strategie ist eine schwach dominante Strategie, das sie alle anderen Strategien dominiert, aber die Strategie nur schwach dominiert.

Im Gefangenendilemma ist Nicht-Kooperation mit dem Mitspieler in jedem Fall eindeutig besser als Kooperation. Also ist Nicht-Kooperation im Gefangendilemma eine strikt dominante Strategie.

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