Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I |
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Die Eindeutigkeit der eben definierten Nutzenfunktion ist so zu verstehen, dass wir keine Nutzenfunktion mit der Erwartungsnutzeneigenschaft aus den Bedingungen für Lotterien herleiten können, die sich nicht positiv linear in alle anderen daraus ableitbaren Nutzenfunktionen mit Erwartungsnutzeneigenschaft transformieren lässt.
Wir müssen also zeigen, dass jede beliebige Nutzenfunktion mit Erwatungsnutzeneigenschft
, die die auf der vollständigen
Menge der Lotterien definierte Präferenzrelation wiedergibt, eine positiv
linear transformierte der eben konstruierten Nutzenfunktion
ist, dass also gilt:
Der Beweis nach Resnik geht wie folgt (Resnik 1987, S.97/98):
Angenommen, wir verfügen neben der oben konstruierten Nutzenfunktionen noch über eine weitere Nutzenfunktion mit Erwartungsnutzeneigenschaft , die die vollständige Menge der Lotterien auf eine andere Nutzenskala abbildet. Aus dem Erwartungsnutzenprinzip ergibt sich, dass beide Abbildungen surjektiv sind (d.h. dass jeder Wert der Nutzenskala innerhalb des Intervalls zwischen dem größten und dem kleinsten Nutzenwert ein Nutzenwert irgendeiner Lotterie ist), denn (Beweisskizze) sei eine Lotterie, die den höchsten möglichen Nutzenwert hat, und eine Lotterie, die den kleinsten möglichen Nutzenwert hat, und sei irgendein Nutzenwert dazwischen, dann hat mit die Lotterie genau den Nutzenwert . Da dies für jedes beliebige gilt, gehören alle reellen Zahlen auf der Skala innerhalb des Bereiches vom kleinsten bis zum größten Nutzenwert zum Wertebereich der Nutzenfunktion.
Wenn jede Zahl auf der Nutzenskala vom kleinsten bis zum größten Nutzenwert der Nutzenwert einer Lotterie ist, dann können wir eine Abbildung definieren, die die Nutzenwerte der einen Skala auf die der anderen abbildet. Dazu definieren wir zunächst als eine Funktion, [64] die jedem Wert der -Skala eine (von möglicherweise mehreren) Lotterien zuordnet, für die gilt: . Für jede Zahl auf der -Skala gilt dann:
Im folgenden zeigen wir zunächst, dass für die Funktion eine der Erwartungsnutzeneigenschaft von und analoge Eigenschaft gilt, nämlich: für jedes und auf der -Skala. Daraus leiten wir dann das Gewünschte ab.
Nachweis der erwartungsnutzenanalogen Eigenschaft von :
Zunächst einmal gilt nach der Definition von
und der Erwartungsnutzeneigenschaft von ,
dass:
Nun gilt aber ebenso nach der Erwartungsnutzeneigenschaft von
und wiederum nach der Definition von ,
dass:
In beiden Gleichungen steht der Term .
Also kann man die Gleichungen zusammensetzen, und erhält:
Nun muss man sich nur noch folgendes klar machen: Aufgrund der zurvor
bewiesenen Surjetivität von gibt
es zu jedem und
auf der -Skala mindestens je eine
Lotterie und eine Lotterie ,
so dass und .
Dann gilt aber ohne Beschränkung der Allgemeinheit für jedes
und auf der -Skala,
dass
was die erwartungsnutzenanaloge Eigenschaft von ist, die nachgewiesen werden sollte.
Mit diesem Wissen können wir folgende Rechnung aufstellen:
Wenn wir nun und
setzen, dann haben wir gezeigt, dass
eine linear transformierte von ist:
Da sein muss (wg. der
Monotonieeigenschaft von (und damit
auch von ) und ),
ist , so dass es sich tatsächlich
um eine positive lineare Transformation handelt. q.e.d.
[64] Bei handelt es sich nicht um eine Umkehrfunktion im strengen Sinne, da die Funktion nicht umkehrbar ist, weil sie unterschiedlichen Argumenten, nämlich verschiedenen Lotterien zwischen denen Indifferenz herrscht, den gleichen Funktionswert zuordnet.