Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I

Eckhart Arnold

1 Vorwort
2 Techniken des Entscheidens
3 Zur Theorie der Kollektiven Entscheidungen
4 Wahrscheinlichkeitsrechnung
5 Neumann-Morgensternsche Nutzentheorie
6 Spieltheorie
    6.1 Spieltheorie I: Einführung
    6.2 Spieltheorie II: Vertiefung und Anwendung
        6.2.1 Nicht-Nullsummenspiele
            6.2.1.1 Koordinationsspiele
            6.2.1.2 Nicht Koordinations-Spiele
                Das Angsthasen-Spiel („Chicken-Game“)
                Noch einmal Gefangenendilemma
        6.2.2 Wiederholte Spiele
        6.2.3 Evolutionäre Spieltheorie
        6.2.4 Ein Anwendungsbeispiel der Spieltheorie, das funktioniert: Vertrauen bei Internetauktionen
        6.2.5 Aufgaben
7 Kritische Reflexion
8 Beispielklausur
Literaturverzeichnis

Das Angsthasen-Spiel („Chicken-Game“)

Wie üblich als erstes die Geschichte zum Spiel: Beim Angsthasen-Spiel müssen die beiden „Spieler“ mit Ihren Autos mit hoher Geschwindigkeit frontal aufeinander zufahren. Wer zuerst ausweicht ist ein „Angsthase“ und hat verloren. Wenn keiner ausweicht, kommt es zum Unfall. Daraus ergibt sich die Spielmatrix:

AusweichenGas geben
Ausweichen 0, 0 -5,5
Gas geben 5,-5 -100,-100

Das Spiel hat zwei reine Gleichgewichte nämlich und mit den Auszahlungen und . Ein gemischtes Gleichgewicht existiert ebenfalls (siehe Übungsaufgabe 6.2.5).

Es ist offensichtlich, dass es für jeden Spieler im Zweifelsfall immer noch besser ist auszuweichen als Gas zu geben. Zugleich ist es aber auch besser Gas zu geben, wenn man Anlass zu der Annahme hat, dass der andere ausweicht. Daraus entstehen zwei Probleme. Das erste Problem für beide Spieler besteht darin überhaupt die Strategiekombination zu vermeiden, die zu dem Ergebnis führt. Das zweite Problem besteht für jeden Spieler darin, das für ihn vorteilhaftere der beiden Gleichgewichte herbei zu führen. Anders als bei einem Koordinationsspiel lassen sich diese Problem nicht einfach durch eine Absprache lösen. Denn auch wenn jeder der Spieler verspricht auszuweichen, so ist doch zu befürchten, dass es sein Versprechen bricht im Vertrauen darauf, dass der anderes seins halten wird. Bei einem Koordinationsspiel würde sich jeder Spieler schon aus Eigeninteresse an das gegebene Versprechen halten. Ein ähnliches Problem stellt sich aber auch, wenn ein Spieler, um den anderen zum Nachgeben zu bewegen (und damit das für ihn selbst günstigere Gleichgewicht herbei zu führen) schwört, dass er niemals nachgeben wird. Diese Drohung ist nicht glaubwürdig, sofern sie nicht mit irgendeiner Art von Selbstbindungsmechanismus verbeunden ist, die ihre Durchführung erzwingt, denn es entspricht ansonsten garnicht der Interessenlage des Spielers, die eigene Drohung wahrzumachen, sollte der Andere sie ignorieren.

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