Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I

Eckhart Arnold

1 Vorwort
2 Techniken des Entscheidens
3 Zur Theorie der Kollektiven Entscheidungen
4 Wahrscheinlichkeitsrechnung
5 Neumann-Morgensternsche Nutzentheorie
6 Spieltheorie
    6.1 Spieltheorie I: Einführung
        6.1.1 Was „Spiele“ im Sinne der Spieltheorie sind
        6.1.2 Nullsummenspiele
            6.1.2.1 Das Nash-Gleichgewicht
            6.1.2.2 Gemischte Strategien und gemischte Gleichgewichte
        6.1.3 Aufgaben
    6.2 Spieltheorie II: Vertiefung und Anwendung
7 Kritische Reflexion
8 Beispielklausur
Literaturverzeichnis

6.1.2.1 Das Nash-Gleichgewicht

Die (sukzessive) Dominanz ist ein ebenso einfaches wie einleuchtendes Lösungsverfahren. Nur lässt es sich nicht immer anwenden. Das folgende Spiel weist keine dominierten Strategien auf, die man streichen könnte:

8,-8 8,-8 7,-7
0,0 10,-10 4,-4
9,-9 0,0 1,-1

Quelle: Resnik, Choices, S.129 (Resnik 1987). Aus Gründen der Anschaulichkeit wurden die entsprechenden negativen Auszahlungen für den Spaltenspieler explizit eingetragen.

Trotzdem existiert ein Strategiepaar, dass man durch eine naheliegende Überlegung in besonderer Weise auszeichnen kann. Dieses Strategiepaar ist das Paar (, ). Die Überlegung, die zur Auszeichnung dieses Strategiepaares führt ist die folgende: Angenommen der Zeilenspieler hätte sich (aus irgendwelchen Gründen) auf die Strategie festgelegt. Dann ist das beste, was der Spaltenspieler tun kann, die Strategie zu wählen, weil er so noch am meisten bekommt (-7 anstelle von -8 bei den Alternativen und ). Man sagt auch, dass die Strategie die beste Antwort auf die Strategie ist. Umgekehrt gilt: Hat der Spaltenspieler die Strategie gewählt, so ist die Strategie die beste Antwort, die der Zeilenspieler wählen kann, um sein Ergebnis zu maximieren. Die Strategien und sind also wechselseitig beste Antworten aufeinander. Keiner der Spieler hätte eine Motivation, im Alleingang von seiner Strategie abzuweichen. Das Strategiepaar () bildet in diesem Sinne ein Gleichgewicht. Die mit diesem Gleichgewicht assoziierten Auszahlungen sind die „Gleichgewichtswerte“ des Spiels.

Diese Art von Gleichgewicht nennt bezeichnet man auch nach ihrem Erfinder als Nash-Gleichgewicht. Das Konzept des Nash-Gleichgewicht kann folgendermaßen motiviert werden: Wir nehmen an, dass die Spieler frei und unabhängig voneinander sind, d.h. jeder Spieler kann seine eigene Strategie wählen aber niemand kann seinen Gegenüber verpflichten eine bestimmte Strategie zu wählen. Dann werden die Spieler, wenn sie sich nutzenmaximierend verhalten, immer diejenige Strategie wählen, die eine beste Antwort auf die Strategie ihres Gegenübers bzw. auf die Strategie, die sie bei ihrem Gegenüber vermuten, ist.

Man könnte nun die Frage aufwerfen, ob sich die Spieler nicht gegebenenfalls dazu verabreden könnten, ihre Strategien gleichzeitig zu wechseln. Aber einerseits würden sie das vermutlich nur tun, wenn mindestens einer der Spieler einen Vorteil davon hat und der andere nach dem Wechsel wenigstens nicht schlechter da steht. Da im Nullsummenspiel der Vorteil des einen immer der Nachteil des anderen ist, wird ein Spieler immer gegen den solchen Wechsel sein. Bei einem Nicht-Nullsummenspiel ist ein solcher Wechsel immerhin vorstellbar, sofern es den Spielern gelingt, sich in irgendeiner Weise zu koordinieren.

Um alle Nashgleichgewichte in reinen Strategien zu bestimmen, gibt es bei endlichen Spielen eine zugegebenermaßen krude aber zugleich todsicher Methode: Man probiert einfach jedes mögliche Strategietupel durch.

Dass es auch im Nullsummenspiel mehrere Gleichgewichte geben kann, zeigt das folgende Beispiel:

1,-1 2,-2 3,-3 1,-1
0,0 5,-5 0,0 0,0
1,-1 6,-6 4,-4 1,-1

Quelle: Resnik, Choices, S.131 (Resnik 1987), leicht abgewandelt

Man kann sich leicht davon überzeugen, dass , , Gleichgewichte sind. Auffällig ist, dass alle Gleichgewichte denselben Gleichgewichtswert haben. Dass es sich dabei nicht nur um eine Zufälligkeit handelt, sondern dass ein Gesetz dahinter steckt, beweist der folgende Satz (Vgl. Resnik (Resnik 1987, S. 131)):

Koordinationstheorem für Nullsummenspiele: Seien und zwei Gleichgewichte eines Nullsummenspiels. Dann sind auch und Gleichgewichte und alle vier Gleichgewichte haben denselben Wert.

Beweis (nach Resnik (Resnik 1987, S. 131)): Seien die den entsprechenden Strategiepaaren zugeordneten Werte des Spiels für den Zeilenspieler. Da und Gleichgewichte sind, müssen jeweils minimale Werte ihrer Zeile und maximale Werte ihrer Spalte sein. Dann gilt aber auch:

  1. , da beide Werte in derselben Zeile stehen und als Gleichgewichtswert ein minimaler Wert der Zeile sein muss.
     
  2. , da beide Werte in derselben Spalte stehen und als Gleichgewichtswert ein maximaler Wert der Spalte sein muss.
     
  3. , da beide Werte in derselben Zeile stehen und als Gleichgewichtswert ein minimaler Wert der Zeile sein muss.
     
  4. , da beide Werte in derselben Spalte stehen und als Gleichgewichtswert ein maximaler Wert der Spalte sein muss.

Zusammengefasst ergibt sich daraus die Ungleichung:



Da am Ende der Ungleichungskette dieselbe Variable steht wie am Anfang gilt die Gleichheit:



Daraus lässt sich unmittelbar ableiten, dass in Nullsummenspielen alle reinen Gleichgewichte denselben Wert haben müssen.

t g+ f @