Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I |
Inhalt |
Aus dem Gesetz für die Multiplikation von Wahrscheinlichkeiten
lässt sich durch Division von
bzw. die Bayes'sche Regel
ableiten:
Um den eigentlichen Bayes'schen Lehrsatz abzuleiten, ist es notwendig,
den Ausdruck im Nenner durch
einen Ausdruck zu ersetzen, der die absolute Wahrscheinlichkeit von
nicht mehr enthält.[53] Dazu
erinnern wir uns der aus der Logik (bzw. der Mengentheorie) bekannten
Zerlegung von .
Da und
einander ausschließen gilt:
Mit Hilfe des Multiplikationsgesetzes ergibt sich daraus:
Durch Einsetzen in die oben angegebene Regel ergibt sich damit der
berühmte Bays'sche Lehrsatz:
Wie kann man sich diese Formel am besten merken und wozu ist sie überhaupt
gut? Merken kann man sich die Formel recht leicht, wenn man sich klar
macht, dass sie die folgende Struktur hat:
wobei
und
d.h., salopp ausgedrückt, dasselbe
ist wie nur mit
statt . Man kann sich die Bedeutung
dieser Formel mit Hilfe folgender, in vielen Zusammenhängen nützlichen
Interpretation merken: Was uns die Formel auf der linken Seite als
Ergebnis liefert ist die Wahrscheinlichkeit für die Gültigkeit einer
Annahme unter der Bedingung, dass
irgendeine Probe bzw. ein Test erfolgreich
durchgeführt worden ist. Auf der rechten Seite kommen nur drei verschiedene
Terme vor. Einige davon allerdings mehrfach, nämlich:
Die letzten beiden Wahrscheinlichkeiten beschreiben Fehlerwahrscheinlichkeiten des Testverfahrens q, und zwar für unterschiedliche Arten von Fehlern! Die negativ-positiv und negativ-negativ Raten sind dagegen die Inversen der entsprechenden positiv-* Raten und berechenen damit nach: bzw. . Mit der Bayes'schen Formel berechnet man also die Wahrscheinlichkeit, dass zutrifft, wenn ein Testverfahren positiv ausfällt. Die Bayes'sche Formel erlaubt uns zu berücksichtigen, dass Testverfahren meistens nicht 100%-ig perfekt sind. Die Unvollkommenheiten des Testverfahrens werden dabei durch die positiv-positiv und die positiv-negativ Raten charakterisiert. Die Wahrscheinlichkeit von , wenn der Test positiv ausgefallen ist, berechnet sich, wenn man die Formel in Worte fasst nach: Basisrate mal positiv-positiv Rate geteilt durch Basisrate mal positiv-positiv Rate plus inverse Basisrate mal positiv-negativ Rate.
[53] Man kann an dieser Stelle durchaus die Frage stellen, warum man das tun sollte, wenn doch dadurch, wie gleich zu sehen ist, die Formel nur sehr viel komplizierter ist. Aber wie das eingangs zu dieser Vorlesung angeführte Beispiel vielleicht verdeutlicht hat - wir werden gleich darauf zurück kommen - gibt es viele Situationen, in denen wir die unbedingten Wahrscheinlichkeiten irgendeines Vorgangs nicht kennen, wohl aber die bedingten Wahrscheinlichkeiten.