Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I
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3.2.1.3 Eine „strukturelle Konzeption kollektiver Rationalität“
als Alternative?
Bleibt, was den Entwurf Nida-Rühmelins betrifft, schließlich die Frage,
ob er eine gangbare Alternative anbieten kann. Sein Vorschlag, der
ganz dem Kanon der liberalen Demokratietheorie entspricht, sieht ein
zweistufiges Verfahren vor, bei dem individuelle Rechte den kollektiven
Entscheidungen vorgeordnet werden (Nida/Ruemelin 1991, S. 196ff.).
Mit anderen Worten: Kollektive Entscheidungen dürfen sich von vornherein
nur auf einen bestimmten Bereich von Entscheidungsgegenständen beziehen,
während andere Gegenstände, weil sie individuelle Rechte berühren von
vornherein nicht zur Disposition kollektiver Entscheidungen führen.
Da damit aber nur die Menge der zur kollektiven Entscheidung zugelassenen
Güter nicht aber die Ordnung der individuellen Präferenzen über diese
Güter beschränkt ist (siehe dazu auch die Diskussion der Bedingung
des „unbeschränkten Bereichs“ weiter oben auf Seite ),
bleibt vollkommen unersichtlich, inwiefern sich auf diese Weise die
durch den Satz von Arrow aufgeworfenen Probleme vermeiden lassen sollen.
Möglicherweise fallen die Probleme weniger gravierend aus, weil derartige
strukturelle Beschränkungen z.B. die Menge der zur Wahl stehenden Güter
verringern könnten, aber Nida-Rümelin erläutert dies nicht. Insofern
löst die „strukturelle Rationalität“ Nida-Rümelins weder
das Problem noch kann man sie umgekehrt in sinnvoller Weise durch die
von Arrow, Sen und anderen aufgeworfenen Schwierigkeiten kollektiver
Entscheidungsfindung motivieren.
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