Hauptvertreter des Föderalismusgedankens in Deutschland von der Neuzeit bis zum Ende des 19.Jahrhunderts

Eckhart Arnold

1 Einleitung
2 Föderalismusdiskussion in der frühen Neuzeit: Föderalismus oder Souveränitätslehre
    2.1 Der Föderalismusgedanke im Werk des Johannes Althusius
        2.1.1 Biographische Skizze
        2.1.2 Der Entwurf der „Politica methodice digesta“
        2.1.3 Der Gegensatz zur Souveränitätslehre Bodins
3 Föderalismus und Machtkontrolle - Föderalistische Entwürfe der Aufklärungsepoche
4 19.Jahrhundert: Föderalismuskonzepte im Spannnungsfeld von sozialer und nationaler Frage
5 Schlußbetrachtung
Literaturverzeichnis

2.1.3 Der Gegensatz zur Souveränitätslehre Bodins

Jean Bodin (1529-1596) hatte bereits 27 Jahre, bevor Althusius seine „Politica“ veröffentlichte, mit den „six livres de la R“ ein staatstheoretisches Werk geschaffen, dessen Grundsätze auf einen strikten Antiföderlismus hinausliefen. Unter dem Eindruck der französischen Religionsunruhen im 16.Jahrhundert fordert Bodin in diesem Werk, daß die höchste Macht im Staat ungeteilt und unbeschränkt seien müsse.[9] Diese unbeschränkte und ungeteilte Staatsmacht, die Bodin als souverainit bezeichnet, sieht er als definierendes Wesensmerkmal des Staates an. Insbesondere schließt für Bodin die Souveränität eines Staates aus, daß einzelne Gruppen innerhalb des Staates über eigene Herrschaftsmacht verfügen, da sonst der Bürgerkrieg droht.[10]

Bodins Theorie setzte sich mit dem Siegeszug des Absolutismus in der europäischen Staatenwelt auch unter den Staatstheoretikern durch, während Althusius in Vergessenheit geriet. Es stellt sich die Frage, inwieweit dies zu Recht geschah, d.h. ob Althusius föderalistische Konzeption unter den Bedingungen der konfessionellen Spaltung in der Tat nicht tragfähig war.

Betrachtet man die historische Entwicklung des deutschen Reiches in der Zeit zwischen dem Augsburger Religionsfrieden 1555 und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges, so springt als einer der wesentlichen Vorgänge, die zum Dreißigjährigen Krieg geführt haben, der Prozeß der schleichenden Säkularisierung zahlreicher Kirchengüter ins Auge, in welchem protestantische Fürsten - meist mit sanftem Druck - diese Güter in die Hand ihrer Familien brachten. Zu Beginn des 17.Jahrhunderts hatte sich die Situation schon soweit zugespitzt, daß ein Kompromiß nur noch unter schwierigen Bedingungen möglich gewesen wäre, denn ein Nachgeben hätte für die katholische Seite bedeutet, auf ihre im Augsburger Religionsfrieden wohlverbrieften Rechte zu verzichten, für die protestantischen Fürsten aber geheißen, Güter, in deren Besitz sie nun schon seit einer geraumen Zeit waren, wieder aufzugeben. Die dadurch entstehende Konfliktlage wurde durch das Ausfallen zentraler Entscheidungsinstanzen[11] zusätzlich verschärft. Einen Kompromiß - ohne Krieg - zu erzwingen, war der Habsburger Kaiser nicht mächtig genug[12] .

Im Ausbruch des Dreißigjährigen Kriges kann geradezu eine Bestätigung von Bodins Befürchtungen gesehen. Gleichzeitig offenbart dieser geschichtliche Vorgang eine entscheidende Schwäche von Althusius Theorie: Althusius hatte den föderalen Staat statisch konzipiert. Seine Stabilität beruht letzlich auf dem Machtgleichgewicht der unterschiedlichen Gruppen und auf der Einhaltung der Rechte. Was geschehen soll, wenn eine der Großgruppen ständig an Stärke zunimmt, so daß sich die andere schließlich vital bedroht fühlen muß, dafür ist aus Althusius' „Politica“ kein Rat zu holen. Innerhalb von Bodins Ansatz stellt sich dieses Problem dagegen nicht, da es für Bodin von Anfang an darauf ankommt, der souveränen Majestät alle Macht zu sichern, so daß bei einem inneren Streit die Majestät in jedem Fall entscheiden kann.

[9] Vgl. Jean Bodin (Bodin): Les six Livres de la R avec l'Apologie de R.Herjin. Faksimiledruck der Ausgabe Paris 1583, o.O. (Meisenheim am Glan?), 1961, Livre Premi Chap. VIII, S.122ff.

[10] Vgl Bodin (Bodin), a.a.O., Livre Quatri Chap. VII, S.634ff.

[11] So wurde die Entscheidung des Reichskammergerichtes im sogenanten „Vierklosterstreit“ von protestantischer Seite schließlich nicht mehr anerkannt, was allerdings nur einer der Kulminationspunkte des länger schwelenden und langsam exkalierenden Streits war. Vgl. Heinrich Lutz (Lutz): Das Ringen um die deutsche Einheit und die krichliche Erneuerung. Von Maximilian I. bis zum westfälischen Frieden, Berlin 1983, S.362-363.

[12] Zur Vorgeschichte des Dreißigjährigen Krieges vgl. Heinrich Lutz (Lutz), a.a.O., S.358ff., S.393ff.

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