Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I |
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Angesichts dieser grundlegenden Schwächen der Entscheidungstheorie sollte man eigentlich meinen, dass sie von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die menschliches Entscheidungsverhalten erklären oder richtige Empfehlungen für menschliches Handeln geben wollen, nur mit spitzen Fingern angefasst wird, oder dass zumindest auch andere Alternativen für die Erklärung menschlichen Handelns in Erwägung gezogen werden, die man in der Psychologie, Soziologie und Wirtschaftsgeschichte finden könnte. Aber weit gefehlt. Nach meinen Erfahrungen wird dieser Ansatz zumindest in der analytischen Philosophie und in der Rational Choice-Schule in den Sozialwissenschaften nicht selten mit der Heftigkeit eines Glaubensbekenntnisses vertreten und die Kritik daran zuweilen eher mit Empörung gekontert statt mit Argument widerlegt.
Warum das so ist, dafür habe ich keine rechte Erklärung. Es mag ein psychologisches Phänomen sein, dass man die Dinge, an die man glaubt, aber die man nicht gut begründen kann, gerade deshalb mit umso größerer Heftigkeit verteidigt. Es kann aber in diesem speziellen Fall auch daran liegen, dass es aus kontingenten historischen Gründen zu einer Art Sektenbildung in Form eines "Rational Choice"-Lagers gekommen ist, und das es auch hätte anders kommen können.