Der Einsatz evolutionärer Computermodelle bei der Untersuchung historischer und politischer Fragestellungen

Eckhart Arnold

1 Einleitung
2 Evolutionäre Erklärungen
3 Computermodelle zur Simulation evolutionärer Vorgänge
    3.1 Ein Beispiel: Die Simulation des iterierten Gefangenendilemmas
    3.2 Erweiterung zur populationsdynamischen Simulation
        3.2.1 Die Ergebnisse der populationsdynamischen Simulation
        3.2.2 Der Einfluss von Rauschen auf die Populationsdynamik
        3.2.3 Der Einfluss von Mutationen
    3.3 Möglichkeiten und Grenzen von Computermodellen bei der Untersuchung evolutionärer Prozesse
4 Beispiele für evolutionäre Erklärungsansätze im Bereich der Kulturwissenschaften
5 Zitierte Literatur
6 Anhang: Programmcode des Computerturniers

3.2.3 Der Einfluss von Mutationen

Obwohl die populationsdynamische Simulation einer evolutionären Entwicklung schon nahe kommt, fehlt in diesem Modell noch ein wichtiger Aspekt. Zwar ändert sich die Strategiemenge im Laufe der Simulation durch das Wegfallen erfolgloser Strategien, aber es kommen keine neuen Strategien hinzu. Ein erster Ansatz, um diesen wesentlichen Aspekt evolutionärer Entwicklungen in das Modell zu integrieren, besteht darin, einen Mutationsparameter einzuführen, der nach jedem Durchgang die Mutation eines bestimmten Prozentsatzes der Strategien bewirkt. Dabei wird der Einfachheit halber zunächst angenommen, dass durch Mutationen nur vereinfachte Strategien entstehen können, nämlich AlwaysD (defektiere immer) und AlwaysC (kooperiere immer), die beide jeweils die Hälfte der mutierten Strategien stellen.

Im Vergleich zur ursprünglichen populationsdynamischen Simulation ohne Mutationen ergibt sich mit Mutationen ein dramatisch verändertes Bild (Abbildung 3). Diesmal wird die Szene von den beiden Strategien Tester und Pawlow beherrscht, die von dem kontinuierlichen Zustrom des ohne weiteres ausbeutbaren Mutanten AlwaysC profitieren. Demgegenüber geraten Tit for Tat und GraciousTFT, die keine unmotivierten Defektionen unternehmen und daher AlwaysC auch nicht auszubeuten versuchen, deutlich ins Hintertreffen. Wie man sieht, ist der evolutionäre Erfolg von „gutwilligen“ Strategien wie Tit for Tat oder GraciousTFT daran geknüpft, dass sie in einer Umwelt agieren, in der keine „degenerativen Mutationen“ auftreten, die die Population unterwandern. Wie wahrscheinlich eine solche Annahme ist, hängt letztlich von dem Sachbereich ab, der mit einem evolutionären Modell beschrieben werden soll. Bereits so lässt sich aber festhalten, dass einige der von Axelrod getroffenen generellen Feststellungen wie diejenige, dass die Strategie Tit for Tat immer eine sichere Wahl sei, oder dass erfolgreiche Strategien in aller Regel „gutwillig“ sein müssen, sich in dieser Allgemeingültigkeit nicht aufrecht erhalten lassen.


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Abbildung 3. Populationsdynamische Simulation mit Mutationen (1%).

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