Eric Voegelin als Schüler Hans Kelsens

Eckhart Arnold

1 Einleitung
2 Voegelins Leben und Werk
3 Die Reine Rechtslehre in Voegelins frühen Schriften
4 Voegelins Kritik der Reinen Rechtslehre im „Autoritären Staat“
5 Kelsens Voegelin-Kritik
6 Eine letzte Begegnung: Kelsen, Voegelin und das Naturrecht
7 Schluss
8 Bibliographie

7 Schluss

Inwiefern kann man Voegelin nach all dem als Schüler Hans Kelsens betrachten? Sicherlich nicht in dem Sinne, dass Voegelin als Schüler Hans Kelsens die Lehre seines Meisters ausgelegt und gegebenenfalls fortentwickelt hätte. Aber insofern als zu jeder Philosophie auch ihre Kritik gehört und einen wesentlichen Anteil daran hat, sie weiter zu entwickeln, kann man in Voegelins Kritik an der Reinen Rechtslehre sehr wohl einen wichtigen Beitrag zur „Schule“ sehen. Dass gilt besonders auch für die Kritik der Reinen Rechtslehre im „Autoritären Staat“, die umfassendste und gründlichste Auseinandersetzung Voegelins mit der Reinen Rechtslehre. Dass diese Kritik teils politisch motiviert ist und überaus polemisch ausfällt, tut ihrer wissenschaftlichen Bedeutung keinen Abbruch, denn der scharfe Ton ist zum Teil auch durch starke Argumente gedeckt (was man von den beinahe habituellen Ausfälligkeiten gegen missliebige Auffassungen, die sich in vielen von Voegelins nach der Emigration entstandenen Schriften finden, nicht immer behaupten kann).

In der späteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung zwischen Voegelin und Kelsen über die „Neue Wissenschaft der Politik“ kann von einem Lehrer-Schüler Verhältnis keine Rede mehr sein. Auch nicht in dem Sinne, dass Kelsens Voegelin-Kritik dadurch motiviert wäre, dass sein „Schüler“ Voegelin der „Schule“ entlaufen wäre. Vielmehr geht es um gegensätzliche philosophische Standpunkte (indem Kelsens agnostischer Standpunkt Voegelins religiöser Orientierung gegenübersteht) und um eine gegensätzliche politische Ausrichtung: Hier das mit religiöser Note versehene aber immer noch eher autoritäre Denken Voegelins, dort der aufgeklärte Liberalismus Kelsens. Im übrigen war Voegelin zu der Zeit, als er die „Neue Wissenschaft der Politik“ schrieb, schon dabei seine eigene Schule zu gründen, eine Schule, deren Angehörige viel entschiedener auf ihren Meister eingeschworen waren (und zum Teil noch sind), als dies bei Kelsen jemals der Fall gewesen ist.

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