Eric Voegelin als Schüler Hans Kelsens

Eckhart Arnold

1 Einleitung
2 Voegelins Leben und Werk
3 Die Reine Rechtslehre in Voegelins frühen Schriften
4 Voegelins Kritik der Reinen Rechtslehre im „Autoritären Staat“
5 Kelsens Voegelin-Kritik
6 Eine letzte Begegnung: Kelsen, Voegelin und das Naturrecht
7 Schluss
8 Bibliographie

1 Einleitung

Wenn von Eric Voegelin als Schüler Hans Kelsens die Rede ist, dann ist dies gleich mit einer wichtigen Einschränkung zu versehen. Unter einem „Schüler“ stellt man sich gewöhnlich jemanden vor, der vom Denken des „Lehrers“ tief geprägt ist, der eventuell auch an dessen Werk anknüpft, es weiterführt oder auch abwandelt und in einer neuen Richtung fortbildet. In diesem Sinne ist Eric Voegelin kaum als Schüler Hans Kelsens zu verstehen. Zwar hat er bei Kelsen studiert und sich in den 20er und 30er Jahren in mehreren Aufsätzen und Büchern intensiv mit der Reinen Rechtslehre Kelsens sowie dessen Staatsphilosophie auseinandergesetzt. Aber Hans Kelsen bleibt für Voegelin nur ein Einfluss unter zahlreichen anderen, und gerade als Philosoph hat sich Voegelin schließlich in einer von Kelsen sehr verschiedenen, ja gegensätzlichen Richtung entwickelt. In Voegelins entscheidenderen späteren Werken, insbesondere in seinem geschichtsphilosophischen Hauptwerk „Ordnung und Geschichte“ ist von Kelsens Einfluss kaum noch etwas zu spüren. Wenn daher in diesem Kapitel Voegelin als Schüler Hans Kelsens besprochen wird, dann bedeutet dies, dass Eric Voegelins Werk thematisiert wird, soweit Voegelin eben Schüler Hans Kelsens ist, d.h. der Schwerpunkt liegt auf den Schriften, in denen sich Voegelin mit der Reinen Rechtslehre Kelsens auseinandersetzt, womit der größere und wichtigere Teil von Voegelins Werk ausgespart bleibt.

Aber gerade dadurch, dass Voegelin kein typischer „Schüler“ ist, sondern von Anfang an einen selbstständigen Standpunkt vertreten hat, wird seine Auseinandersetzung mit Kelsens Reiner Rechtslehre besonders interessant. Nicht unbedingt typisch für das Lehrer-Schüler Verhältnis ist auch, dass Kelsen sich umgekehrt mit Voegelins eigener „Lehre“ auseinandergesetzt und sie einer eingehenden, wenn auch sehr ablehnenden Kritik gewürdigt hat. Auch darauf soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

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