Die Humanismuskritik Arnold Gehlens in seinem Spätwerk "Moral und Hypermoral"

Eckhart Arnold

1 Einleitung
2 Die philosophische Entwicklung Arnold Gehlens
3 Gehlens Humanismuskritik in „Moral und Hypermoral“
4 Gehlens Programm der pluralistischen Ethik und der Vorwurf der Moralhypertrophie
5 Gegenentwurf: Hierarchische Ethik und Humanität als Primärtugend
6 Schluß
Literaturverzeichnis

2 Die philosophische Entwicklung Arnold Gehlens

Arnold Gehlen (geb. 1904 in Leipzig, gest. 1976 in Hamburg) studierte Philosophie in Köln und Leipzig. Dort promovierte er 1927 bei Hans Driesch und wurde 1934 Nachfolger auf dessen Lehrstuhl. In seinen früheren Schriften zeigt sich Gehlen vor allem der Lebensphilosophie und dem Deutschen Idealismus, insbesondere Fichte, zugeneigt.[3] Weisen diese Schriften, bei denen, wie im Bereich der akademischen Philosophie üblich, vor allem andere Philosophen (und weniger bestimmte philosophische Probleme) im Zentrum stehen, noch eine relativ große Spannbreite auf, ohne allzu deutlich schon irgend eine Festlegung erkennen zu lassen, so hat Gehlen in seinem 1940 erschienen Hauptwerk „Der Mensch“ sein eigentliches Thema mit der philosophischen Anthropologie gefunden. Gehlens Werk „Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt“ stellt einen vorläufigen Höhepunkt der im 20.Jahrhundert mit den bahnbrechenden Werken Schelers und Plessners neu erwachten philosophischen Anthropologie dar.[4] Während Schelers Werk sowohl hinsichtlich der überwiegend geisteswissenschaftlichen Methode als auch in der Denkweise und Begriffswahl (Geist-Seele Dualismus, metaphysische Sonderstellung des Menschen) noch durchaus traditionell gehalten ist, löst sich Gehlen von solchen überkommenen Bindungen, indem er unter wissenschaftspragmatischer Umgehung eingefahrener Fragestellungen und systematischer Heranziehung der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Biologie und Zoologie ein integrierendes Gesamtbild des Menschen zu entwerfen versucht, welches die Ergebnisse der verschiedenen humanen Einzelwissenschaften zusammenführt und philosophisch ausdeutet. Gehlen legt dabei ein Konzept von Philosophie zu Grunde, das er als „empirische Philosophie“ bezeichnet, ein Ansatz für den Schopenhauers System das Vorbild abgibt. Nach dieser Vorstellung von Philosophie kann das Allermeiste, was wir über das Wesen des Menschen oder auch das Wesen der Welt wissen können, nur aus der Erfahrung bzw. einer philosophischen Deutung der Erfahrung entnommen werden. Ein Rückgriff auf die Transzendentalphilosophie erschiene demgegenüber wenig hilfreich, denn was lehrt schon die Transzendentalphilosophie beispielsweise über die Triebstruktur des Menschen? Was die Philosophie dabei von den Erfahrungswissenschaften, auf die sie sich stützt, unterscheidet, ist das Ziel, ein umfassendes Bild zu gewinnen, und dieses Bild philosophisch zu deuten.[5] In „Der Mensch“ deutet Gehlen den Menschen mit einem von Herder übernommenen Begriff als „Mängelwesen“, welches anders als die Tiere nicht an eine bestimmte Umwelt angepaßt ist, durch die es von seinen Instinkten sicher geleitet wird, sondern das sich durch Kulturbildung erst seine Umwelt und seine eigene Natur schaffen muß. In seinen späteren Schriften schreitet Gehlen auf dem Wege der empirischen Philosophie und Anthropologie fort, wobei er sich vermehrt auch der Soziologie zuwendet. Er erweitert seine anthropologische Theorie dabei um die Lehre von den Institutionen, mit der er die Struktur und Funktion der Kultur als gesellschaftliches Ordnungssystem zu ergründen versucht.

Der Mensch ist nach Gehlen im Gegensatz zum Tier wesentlich „handelndes Wesen“. Anders als beim Tier nämlich ist das menschliche Verhalten nicht bereits durch eine artspezifische Instinktstruktur festgelegt. Dem Mangel an festgelegten Instinkten entspricht körperlich das Fehlen von spezialisierten Organen, wie Klauen, Pelz oder Giftstacheln, die den Tieren das Überleben in ihrer Umwelt möglich machen. Wie kann aber der Mensch als Naturwesen überleben, wenn er weder bei der Nahrungssuche von Instinkten geleitet wird noch dabei wie die Tiere von einer geeigneten Organausstattung unterstützt wird? Dies erreicht der Mensch, indem er im Prozeß der Kulturbildung sich eine Lebensweise schafft und auf Dauer stellt, die ihm das Bestehen in der Welt ermöglicht. Die Kultur muß beim Menschen für den Zusammenhang von gattungsmäßig festgelegter Instinktstruktur und artspezifischer Umwelt, wie er bei den Tieren besteht, Ersatz schaffen. Dies geschieht dadurch, daß im Prozeß der Kulturbildung aus der Welt eine faßbare Menge von Bedeutungsgehalten ausgesondert wird, mit denen sich der Mensch die Welt als nunmehr verständliche Umwelt zu eigen macht. Zugleich erfahren die flüssigen Instinkte des Menschen eine Verfestigung zu Verhaltensregulationen. Diese Verhaltensregulationen funktionieren ähnlich wie die Instinkte beim Tier nach einem Reiz-Reaktions-Schema, nur können beim Menschen die Reiz-Reaktionsketten entkoppelt und durch Einschiebung von „Phantasmen“ fast beliebig verlängert werden. Dies erklärt auch, warum der Mensch über Geist verfügt. Der Geist umfaßt die Symbolgehalte, mit denen der Mensch sich in seiner Umwelt orientiert, und die Phantasmen, die dem Menschen anstellte äußerer Reize als Handlungsziele vor das (innere) Auge treten.[6]

Solcherart verfestigte Verhaltensregulationen und Bedeutungsgehalte werden nach Gehlen in den gesellschaftlichen Institutionen gespeichert. Dies gilt sowohl für die allergrundlegensten Institutionen, wie Sprache und Sitten, als auch für darauf aufbauende Institutionen, wie z.B. die Herrschaftsinstitutionen. Die Institutionen erfüllen eine mehrfache Funktion für den Menschen. Sie geben Orientierungen vor und entlasten damit den Einzelnen vom ständigen Improvisationsdruck, sie leisten eine Abstimmungsfunktion innerhalb der Gesellschaft, d.h. sie ermöglichen ihren Mitgliedern ihr Verhalten gegenseitig zu deuten und geben Reaktionsmöglichkeiten vor, von denen jeder Handelnde sicher sein kann, daß sie vom Anderen verstanden werden. Schließlich speichern die Institutionen das gesamte Wissen bzw. die Weisheit einer Kultur. Hierzu gehört nicht nur theoretisches Wissen von der Welt, sondern jede funktionierende Institution enthält in sich ein wertvolles Wissen darüber, wie Leben möglich ist - ein Leben, daß sich der von Natur aus „unfestgelegte“ Mensch erst erfinden muß, wobei es unzählige Gefahren des Scheiterns gibt. Der hohe Wert, der jeder Institution schon als solcher zukommt, wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß die meisten Institution in einem überaus langwierigen und mühsamen Prozeß der Kulturbildung entstanden sind.[7]

Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Lehre?

In Bezug auf die Freiheit des Menschen ergibt sich die Konsequenz, daß nur die Gattung Mensch frei (oder genauer: unbestimmt) ist. Für das Individuum kann es Freiheit nur innerhalb aber niemals jenseits der Institutionen oder gar gegen die Institutionen geben. Der Versuch, Freiheit außerhalb der Institutionen zu verwirklichen, wäre so absurd, als wollte man eine Geschichte erzählen, ohne sich der Sprache zu bedienen. Ein sinnvolles und erfülltes Leben kann es nur im Konformismus zu den Institutionen geben. Emanzipatorische Bestrebungen sind ebenso wie die aufklärerische Kritik an den Institutionen ein riskantes Unterfangen, denn leicht (und gerne) werden Institutionen zerstört, aber schwer sind sie zu errichten. Gehlens Philosophie mündet so in einen formalen Konservativismus, der das Bestehende um seiner selbst willen heiligt.

Dieser Konservativismus ist auch für Gehlens politischen Standpunkt charakteristisch. Es gibt in seinen späteren Veröffentlichungen keine Hinweise darauf, daß Gehlen die Demokratie direkt abgelehnt hätte. Allerdings sah er Ende der 60er Jahre die Bundesrepublik einem gefährlichen Verfall der öffentlichen Autorität entgegen gehen. Darüber hinaus ist das, was Gehlen in „Moral und Hypermoral“ zu dem Thema Staat äußert, nur unter Einschränkungen mit den Grundsätzen der liberalen Demokratie zu vereinbaren. Während der Zeit des Hitlerregimes war Gehlen ein begeisterter Befürworter des Nationalsozialismus. Er war seit dem 1.Mai 1933 Mitglied der NSDAP, seine aktive Mitarbeit beschränkte sich abgesehen von der philosophischen und ideologischen Unterstützung, die er dem Regime leistete, auf eine zwei Semester andauernde Tätigkeit als Dozentenbundführer. Allerdings hatte Gehlen auch gute Gründe die Nazis hochzuschätzen, denn seine steile Karriere in dieser Zeit, die ihn auf glänzende Lehrstühle in Königsberg (1936) und Wien (1940) trug, verdankte er der Protegierung durch die Nazi-Administration.[8] Überhaupt eröffneten die Nazis damals aufstrebenden jungen Akademikern viele attraktive Chancen, indem sie verdiente jüdische und oppositionelle Wissenschaftler von den Universitäten jagten. In seinen Schriften aus dieser Zeit (einschließlich der ersten Auflage von „Der Mensch“[9] ) finden sich vielfältige Anklänge an den Nationalsozialismus.[10] Eine Zeitlang hat Gehlen wohl sogar mit dem Gedanken gespielt, eine „nationalsozialistische Philosophie“ zu schaffen, doch ein 1935 entstandenes Fragment, in welchem Gehlen sich in einer Art philosophischem Rassismus versucht, blieb in seiner Schublade liegen.[11] Gehlens Anthropologie ist mit dem Rassismus unvereinbar, seine Institutionenlehre enthält jedoch implizit eine starke Option für die geschlossene Gesellschaft. Und auch wenn Gehlen später dem totalitären Anspruch, dem er unter dem Nationalsozialismus so zugeneigt war, grundsätzlich abhold geworden ist, was seinen Ausdruck unter anderem in dem in „Moral und Hypermoral“ konstruierten ethischen Pluralismus findet, so behielt Gehlen viele seiner nationalsozialistisch imprägnierten Grundüberzeugungen bei.

Vor allem hat Gehlen sich nie von der Überzeugung trennen können, daß ein Leben des Menschen ohne Mythos möglich sei. Man könnte Gehlens Haltung in dieser Frage als einen etwas mutwilligen Reflex auf den Nihilismus bezeichnen. Ausgehend von Hegel und Nietzsche hält Gehlen die Religion in ihrer ursprünglichen Form für überlebt, aber gleichzeitig zweifelt er nicht daran, daß der Mensch solcher absoluten und absolut verpflichtenden Weltdeutungen, wie Religion oder Mythos sie bieten, unbedingt bedarf.[12] In diesem Punkt unterscheidet sich Gehlens anthropologischer Pessimismus scharf von dem ansonsten verwandten Pessimismus Sigmund Freuds oder Max Webers. Während Freud und Max Weber den Wunsch nach religiöser Lebensdeutung für ein starkes menschliches Bedürfnis halten, sind sie dennoch fest davon überzeugt, daß ein rational geleitetes Leben möglich und auch wünschenswerter ist.[13] Gehlen fürchtet dagegen, daß der Mensch ohne Mythos auf sich selbst zurückgeworfen und so zu einem haltlosen und sinnentleerten Leben verdammt wird. Von einem mutwilligen Reflex auf den Nihilismus kann man im Falle Gehlens deshalb reden, weil Gehlens Theorie die Falschheit (oder zumindest die Relativität) aller Mythen implizit voraussetzt, aber Gehlen trotzdem die Unterwerfung unter den Mythos fordert.

Man kann genaugenommen nur dann behaupten, eine Theorie verstanden zu haben, wenn man, außer daß man sie mit eigenen Worten wiedergeben kann, in der Lage ist, entweder Kritik an ihr zu üben, oder zu begründen, warum diese Theorie richtig ist. Zur Darstellung einer Theorie gehört daher immer auch die Berücksichtigung möglicher Einwände. Mögliche kritische Einwände sollen an dieser Stelle wenigstens kurz angerissen werden.

Gegen Gehlens anthropologische Theorie könnte man geneigt sein, den Vorwurf des biologischen Reduktionismus zu erheben: Wenn Gehlen den Menschen gegenüber dem Tier als Mängelwesen bestimmt und gleichzeitig das spezifisch Menschliche mit möglichst ähnlichen Begriffen erklärt, wie sie die Biologie zur Erklärung des Verhaltens von Tieren gebraucht (z.B. „flüssige Instinkte“ statt „Instinkte“), so macht Gehlen damit das Tier zum Maßstab von Lebewesen bzw. von in der Welt möglichem Leben überhaupt, d.h. letztenendes wird das Tier zum Maßstab des Menschen, denn der Mensch kann bei Gehlen nur dadurch (Über-)leben, daß er sich künstlich Lebensbedingungen, d.h. einen Zusammenhang von Umwelt und darauf abgestimmten „Instinkten“, schafft, die denen des Tieres ähneln. Diesem möglichen Einwand gegenüber ist jedoch festzuhalten, daß das Verfahren der Reduktion in der Wissenschaft geläufig und solange legitim ist, wie Kriterien für die Überprüfbarkeit dieser Reduktion angebbar sind. Es besteht natürlich die Gefahr, daß z.B. die Annahme, die Motive menschlichen Handelns seien im instinktnahen Bereich anzusiedeln, zu einem Dogma erstarrt, welches in irgendeiner Weise immer recht behält.

Bei Gehlens Institutionenlehre stellt sich das Problem, daß sie für archaische Gesellschaften gut nachvollziehbar ist, aber nicht ohne weiteres in modernen Gesellschaften. Übt man nun aus der Institutionenlehre heraus eine Kritik an der modernen Gesellschaft, so müßte zuvor die Frage untersucht werden, ob die Institutionenlehre auf die moderne Gesellschaft, deren Funktionieren vielleicht schon auf neuen, theoretisch noch nicht erfaßten anthropologischen Prinzipien beruht, überhaupt anwendbar ist. Es ist im Zusammenhang mit Gehlens Gesellschaftskritik auch zu erwähnen, daß ein gewisser Zug der vereinfachenden Popularisierung in Gehlens Philosophie bereits angelegt ist. Dies wird daran deutlich, daß viele der Schlüsselbegriffe Gehlens („Entlastung“, „Reizüberflutung“, „Institutionen“ usw.) schon bei ihm selbst eine Doppelbedeutung annehmen, einmal als Terminus technicus innerhalb der Theorie und zugleich als Begriffe, die sich auch auf die Alltagserfahrung beziehen lassen, und denen dann mancherlei Sinn beigelegt werden kann.

[3] Als Beispiel sei hier aus den frühen Schriften (willkürlich) herausgegriffen: Arnold Gehlen: Wirklichkeitsbegriff des Idealismus (1933), in: Arnold Gehlen: Philosophische Schriften II. (1933-1938), Frankfurt am Main 1980, S.181-198.

[4] Arnold Gehlen: Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt, Berlin 1940.

[5] Trotz der von Gehlen öfters wiederholten Beteuerung des empirischen Charakters seiner Theorie, muß bezweifelt werden, ob Gehlens Theorie strengeren wissenschaftstheoretischen Anforderungen (insbesondere der Falsifizierbarkeit) genügen kann. Besonders deutlich wird dies etwa in seinem Werk „Urmensch und Spätkultur“ (Arnold Gehlen: Urmensch und Spätkultur. Philosophische Ergebnisse und Aussagen, Wiesbaden 5.Aufl., 1986, im folgenden zitiert als Gehlen: Urmensch.), wo Gehlen eine Reihe von Einzelbeispielen für „institutionelles“ und „darstellendes“ Verhalten liefert, aus denen sich jedoch kaum eine systematische und an objektiven Kriterien überprüfbare Theorie zusammensetzen läßt. (Besonders schwer wiegt hier, daß Gehlen wichtige Grundbegriffe wie Institution und anthropologische Kategorie undefiniert läßt) Vgl. zu den begrifflichen Schwierigkeiten dieses Werkes: Alfred Heuß: Gehlens Anthropologie und der „Ursprung“ der Geschichte, in: Helmut Klages / Helmut Quaritsch (Hrsg.): Zur geisteswissenschaftlichen Bedeutung Arnold Gehlens, Berlin 1994, S.235-353. - Gehlens Anspruch, Empiriker zu sein, entspringt daher vielleicht eher dem Zweck der Abgrenzung gegenüber metaphysischen Bestimmungen des Menschen (Scheler) und gegenüber der Kritischen Theorie (Frankfurter Schule) als eingelösten erkenntniskritischen Ansprüchen. Vgl. auch Nevil Johnson: Das Gehlensche Denken in der angelsächsischen Welt: Überlegungen zu den Hindernissen auf dem Wege einer Rezeption, in: H.Klages / H.Quaritsch (Hrsg.), a.a.O., S.747-771.

[6] Zu Gehlens Anthropologie vgl. Arnold Gehlen: Der Mensch (1.Teilband), Frankfurt am Main 1993, S.3ff.

[7] Zu Gehlens Institutionenlehre vgl. Gehlen: Urmensch, a.a.O., S.7-121. - Vgl. Friedrich Jonas: Die Institutionenlehre Arnold Gehlens, Tübingen 1966, S.43ff. - Vgl. Gehlen: Hypermoral, S.95-102.

[8] Vgl. das Nachwort des Herausgebers Karl-Siegbert Rehberg, in: Gehlen: Der Mensch (2.Teilband), Frankfurt/M 1993, S.751-786 (S.753-755).

[9] Vgl. Gehlen: Mensch 1940, a.a.O., S.364ff., S.427ff.

[10] Vgl. Arnold Gehlen: Der Idealismus und die Gegenwart (1935), in: Arnold Gehlen: Gesamtausgabe. Band 2. Philosophische Schriften II. (1933-1938), Frankfurt am Main 1980, S.347-357. oder Arnold Gehlen: Rede über Fichte (1938), in: Ebda., S.385-396.

[11] Vgl. den Text dieses Fragmentes in den Anmerkungen des Herausgebers zu Gehlen: Der Mensch (2.Teilband), Frankfurt/M 1993, S.790-795.

[12] In explizitem Bezug auf die Religion schreibt Gehlen in der ersten Auflage von „Der Mensch“, „daß wir über den Sinn des Daseins oder des Lebens nichts aussagen können, daß aber einen solchen Sinn zu unterstellen notwendig, nicht nur erlaubt ist, weil das Leben zur Lösung seiner uns unbekannten Aufgabe des Bewußtseins, des Sinnbereichs selber, bedarf.“ (Gehlen: Mensch 1940, S.466.) - Hier taucht auch der - auch aus dem völkischen Denken und ebenso der Nazi-Ideologie vertraute - Topos auf, daß dem Menschen eine biologische Lebensaufgabe von ethisch verpflichtendem Charakter vorgeschrieben ist. (Vgl. dazu auch das Kapitel „Urphantasie“ in demselben Werk.) - Gegenüber den in diesem Kapitel geäußerten Auffassungen wird man wohl festhalten dürfen, daß die Natur (und ebenso der liebe Gott) ihre tieferen (biologischen) Absichten schon selber verfolgen werden und können, daß aber der Mensch sich zu nichts anderem verpflichtet fühlen muß, als was er auch (bei klarem Bewußtsein) einsehen kann. (Dieses Prinzip markiert nebenbei bemerkt den Unterschied zwischen dumpfer Mythologie und Offenbarungsreligion.)

[13] Vgl Max Weber: Wissenschaft als Beruf, Stuttgart 1996, S.16ff. - Vgl. Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse / Das Ende einer Illusion, Frankfurt /M 1993, S.107ff.

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