Wie permanent sind Permalinks?

Eckhart Arnold und Stefan Müller

1 Danksagung
2 Das Wichtigste in Kürze
3 Einleitung
4 Was sind Permalinks?
5 Zur Vermeidung von Missverständnissen: Was sind keine Permalinks?
6 Exkurs: Sind permanente Identifikatoren (z.B. DOI) eine bessere Alternative?
7 Permalinks in der Praxis: Worauf zu achten ist
    7.1 Permalinks und Zitierbarkeit
    7.2 Permalinks auf Datenbanken und lebende Dokumente
    7.3 Die Abwicklung von Permalinks
    7.4 Zwei offene Fragen: Vorschaltseiten und Maschinenlesbarkeit von Permalinks
8 Ein Praxis-Beispiel: Warum BV-Nummern nicht für Permalinks taugen
9 Schlussbemerkung
10 Autoren
Literaturverzeichnis

7.1 Permalinks und Zitierbarkeit

Die Frage der Zitierbarkeit von digitalen Ressourcen hängt von ihrer Identifizierbarkeit und Wiederauffindbarkeit ab. Permalinks sind ein Mittel, um digitale Ressourcen zu identifizieren und wiederzufinden, und damit den Nachvollzug einer wissenschaftlichen Argumentation, die sich auf andere Quellen stützt, nachzuvollziehen. Weitere Mittel sind aber zumindest denkbar.[11] Insofern können digitale Ressourcen auch ohne Permalink als zitierbar gelten, wenn die im zitierenden Werk gegebenen Angaben dazu ausreichen, um sie ohne zu großen Aufwand zu identifizieren und wieder zu finden. Ist aber ein Permalink zu einer digitalen Ressource vorhanden, dann wäre es im Sinne einer wissenschaftlich sorgfältigen Zitierweise eine Nachlässigkeit, keinen Permalink oder einen anderen permanenten Identifikator anzugeben.

Ein Permalink sollte mit Erscheinungsdatum zitiert werden. Das erfordert, dass der Bereitsteller entweder Permalinks anbietet, die das Erscheinungsdatum schon enthalten (am besten im Format ISO 8061, z.B. „example.org/id8738/2016-04-06“), oder ein Erscheinungsdatum angibt und bei etwaigen Änderungen auch anpasst.

Ein Notbehelf ist demgegenüber die noch weithin anzutreffende Praxis, beim Verweis auf Netzseiten ein Zugriffsdatum anzugeben. Denn es lässt keinen Schluss darauf zu, ob die damals abgerufene Fassung dieselbe ist wie die nun von einem Leser der Zitation abgerufene. Zudem: Wenn eine digitale Ressource nicht mehr existiert, dann hilft auch der Hinweis auf einen in der Vergangenheit möglichen Zugriff Lesern nicht weiter.

Eine aufwändigere, zur Sicherung zitierter Fassungen aber auch viel wertvollere Maßnahme ist das Anlegen eigener Kopien von Internetquellen. Zumindest, wenn es um wissenschaftliche Primärquellen geht, kann es manchmal unvermeidlich sein, flüchtige Internetquellen zu zitieren. Das wäre z.B. bei einer Forschungsarbeit über die Bewertung der Flüchtingskrise in der Blogosphäre der Fall, denn nicht jedes Internetblog bietet Permalinks an. Darüber hinaus erfüllt die Permalinkfunktion gängiger Blogsysteme nicht automatisch schon wissenschaftliche Ansprüche an die Persistenz von Inhalten - von der Frage ganz zu schweigen, wie sehr man darauf vertrauen kann, dass Blogeinträge oder Beiträge zu Diskussionsforen nicht nachträglich verändert werden. In solchen Fällen ist es nach wie vor hilfreich, ein eigenes Forschungsarchiv anzulegen, in dem man Kopien der nicht mit (vertrauenswürdigem) Permalink versehenen digitalen Ressourcen sammelt, oder auf einen Archiv-Anbieter wie z.B. archive.org oder webcitation.org[12] zurückzugreifen. Wie oben bereits erwähnt, ist es bei letzteren leider nicht immer leicht, sich über die Permalinkleitlinien und relevante Details der technischen Umsetzung (z.B., inwieweit Unterseiten und verlinkte Inhalte mitarchiviert werden) Klarheit zu verschaffen. Sollte der Bedarf groß genug sein, erscheint es auch denkbar, dass die Informationsdienste wissenschaftlicher Institutionen in Zukunft entsprechende Archivierungsservices für digitale Quellensammlungen als Cloud-Service anzubieten oder - vielleicht noch besser - schon existierende Anbieter zu unterstützen.

Wie weiter oben beschrieben wurde, kann es je nach Striktheit der Permalinkleitlinien vorkommen, dass unter einem Permalink erreichbare digitale Ressourcen immer noch bestimmte flüchtige Eigenschaften aufweisen können. Für die Zitierbarkeit hängt es dann davon ab, ob die wissenschaftliche Argumentation, in deren Zusammenhang auf die digitalen Ressource verwiesen wird, sich maßgeblich auf diese flüchtigen Eigenschaften stützt. Für diesen Ausnahmefall bietet sich als Ausweg ebenfalls die Eigenarchivierung an.

Ebenfalls relevant für die Zitierbarkeit von digitalen ebenso wie analogen Primärquellen ist die Frage ihrer Echtheit. Bei digitalen Quellen verschärft sich die Frage insofern noch, als digitale Quellen sich im Prinzip sehr leicht nachträglich ändern lassen. Zumindest bei sensiblem Material, etwa archivierten Regierungsakten, könnte es daher in Zukunft notwendig werden, die Permalinks mit den verlinkten Dokumenten kryptographisch abzusichern, um die Vertrauenswürdigkeit zu ermöglichen.

Von der Zitierbarkeit im weiteren Sinne ist die Zitierfähigkeit im engeren Sinne zu unterscheiden. Die Zitierfähigkeit bezieht sich nur auf wissenschaftliche Sekundärliteratur. Gemeint ist damit, dass die eigene wissenschaftliche Argumentation sich nicht auf Forschungsergebnisse aus dubiosen Quellen stützen sollte. Als zitierfähig gilt daher in der Regel nur diejenige Sekundärliteratur, die einen den wissenschaftlichen Gepflogenheiten entsprechenden Qualitätssicherungsprozess wie z.B. das bei Fachjournalen übliche Begutachtungsverfahren („peer review“) durchlaufen hat. Die Zitierbarkeit im Sinne der Identifizierbarkeit und Wiederauffindbarkeit ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Zitierfähigkeit. Insofern sollten digitale Publikationen, um zitierfähig zu sein, am Besten über einen Permalink verfügen. Zitierfähig als Sekundärliteratur wird die verlinkte Publikation aber nur durch ihre wissenschaftliche Qualität, nicht durch das Vorhandensein eines Permalinks.

[11] Zur Frage, wie man Online-Quellen zitiert, vgl. die ausführliche Zusammenstellung von Graf (2011).

[12] Wir möchten Klaus Graf für den Hinweis auf WebCite (URL: webcitation.org) danken.

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