Vorlesungsskript: Grundlagen des Entscheidens I

Eckhart Arnold

1 Vorwort
2 Techniken des Entscheidens
3 Zur Theorie der Kollektiven Entscheidungen
    3.1 Sozialwahltheorie
    3.2 Zur Diskussion der Sozialwahltheorie
    3.3 Die These des „demokratischen Irrationalismus“
    3.4 Fazit
        3.4.1 Aufgaben
4 Wahrscheinlichkeitsrechnung
5 Neumann-Morgensternsche Nutzentheorie
6 Spieltheorie
7 Kritische Reflexion
8 Beispielklausur
Literaturverzeichnis

3.4 Fazit

Wie wir gesehen haben ist weder die Kritik der identären Demokratie noch die These des „demokratischen Irrationalismus“, soweit sich beide auf Ergebnisse des Public Choice Ansatzes wie etwa den Satz von Arrow stützen, besonders überzeugend. Insbesondere bei der empirischen Anwednung seiner Ergebnisse zeigt der Public Choice Ansatz bisher noch erhebliche Schwächen. Insofern dies, wie bei Riker, sehr häufig auch mit handwerklicher Schlamperei zu tun hat, besteht natürlich Hoffnung, dass sich dies bei einer umsichtigeren Interpretation und Anwendnung der Ergebnisse noch ändern könnte. Gerry Mackie, auf dessen Kritik an Riker ich hier zurückgegriffen habe, versteht sich selbst deshalb auch nicht als Kritiker des Public Choice Ansatzes, sondern möchte der politik- und demokratieskeptischen Sichtweise einen „konstruktiven“ Public-Choice Ansatz entgegenstellen, bei dem nicht unter Berufung auf Arrow die Demokratie grundsätzlich in Frage gestellt wird, sondern die Social Choice bzw. Public Choice Theorie genutzt wird, um für unterschiedliche Situationen möglichst optimale demokratische Abstimmungs- und Verfahrensweisen zu entwerfen. Der Satz von Arrow zeigt, dass dies ganz ohne Kompromisse nicht möglich ist, aber gerade das macht die Aufgabe spannend.

Meine eigene Meinung über Public Choice ist etwas skeptischer: Der Ansatz mag für Spezialthemen, wie die Analyse von Wahlsystemen geeignet sein. Abgesehen davon ist er weder für die Politikwissenschaft noch für die politische Philosophie besonders relevant, ganz einfach, weil sich die meisten Vorgänge in der Politik mit dem Begriffsrepertoire von Public Choice überhaupt nicht angemessen erfassen und artikulieren lassen. Wer etwas über politische Philosophie oder darüber, nach welchen Gesetzen Politik abläuft, sollte nach den Werken aus dem Bereich „Public Choice“ deshalb höchstens als allerletztes greifen.

Aber natürlich kann man auch eine andere Meinung dazu vertreten. Und wer mehr über die gegenteilige Meinung erfahren möchte, der kann zum Beispiel zu den Werken von Riker (Riker 1982) oder dem Public-Choice-Kompendium von Dennis Mueller (Mueller 2003) greifen. Um sich über den methodischen Wert von Public Choice ein Bild zu machen empfehle ich als Vergleich, besonders zu Riker, die Lektüre eines Werkes wie Govanni Sartories „Demokratietheorie“ (Sartori 1987). Es bietet sich zum Vergleich deshalb besonders an, weil der Autor politisch eine ähnliche liberale Richtung vertritt wie Riker, weil das Werk in derselben Zeit wie Rikers wichtigste Bücher entstanden ist, und weil es andererseits aber auf die Formalismen des Public Choice Ansatzes völlig verzichtet und statt dessen einen rein verbalen Diskurs über die Themen Demokratie und Liberalismus führt. Unnötig zu sagen, dass ich das Buch Sartoris für viel gehaltvoller und dessen politikphilosophischen statt des mathematischen-formalen Ansatzes inhaltlich für sehr viel fruchtbarer halte. Aber darüber ist jeder aufgerufen, sich eine eigene Meinung bilden.

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